Presseinformation vom 29.09.2022

Europäischem Schienenverkehr droht digitaler Modernisierungsstau

Bernd Jung Strategy&

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  • Bei aktuellem Tempo werden bis 2030 nur 25% aller Strecken in Europa mit dem grenzüberschreitenden digitalen Signalsystem ECTS ausgerüstet sein
  • Durch die Kombination der Zukunftstechnologien ECTS und ATO sind Kapazitäts- und Effizienzsteigerungen von bis zu 20% möglich
  • Um die Modernisierung zu beschleunigen, braucht es eine transparente Bestandaufnahme, erreichbare Zielsetzungen sowie einen gemeinsamen europäischen Fahrplan

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  • Bei aktuellem Tempo werden bis 2030 nur 25% aller Strecken in Europa mit dem grenzüberschreitenden digitalen Signalsystem ECTS ausgerüstet sein
  • Durch die Kombination der Zukunftstechnologien ECTS und ATO sind Kapazitäts- und Effizienzsteigerungen von bis zu 20% möglich
  • Um die Modernisierung zu beschleunigen, braucht es eine transparente Bestandaufnahme, erreichbare Zielsetzungen sowie einen gemeinsamen europäischen Fahrplan

Wien, 29. September 2022 – Die Eisenbahn ist der Hoffnungsträger vieler europäischer Regierungen, wenn es um das Erreichen ihrer Emissionsziele sowie die Transformation der Mobilität geht. Trotzdem kommt die dringend benötigte Digitalisierung des europäischen Schienenverkehrs kaum voran. Das belegt die aktuelle Studie „Back on track: Solving the digitization challenge for Europe’s rail sector” von Strategy&, der Strategieberatung von PwC. Besonders deutlich zeigt sich die stockende Modernisierung am schleppenden Ausbau des European Train Control Systems (ETCS). Das europaweite digitale Signalsystem bildet die Voraussetzung für die grenzüberschreitende Implementierung vieler digitaler Zukunftstechnologien, etwa des automatisierten Fahrbetriebs (ATO). Allerdings waren 2020 nur 14% aller europäischen Strecken mit ETCS ausgerüstet. Bei diesem Tempo wären 2030 erst ein Viertel aller Schienen in Europa bereit für ETCS. Im Jahr 2040 läge der Ausbau bei 35%. 

Modernisierung benötigt enorme Investitionen

Die Modernisierungsgeschwindigkeit schwankt dabei innerhalb der beteiligten Länder enorm. Während in der Schweiz bereits ein Großteil des Netzes auf das erste ETCS-Ausbaulevel umgestellt worden ist, hat Österreich für 22% seines Streckennetzes ein ETCS-Upgrade in Auftrag gegeben. Damit liegt das Land im europäischen Vergleich im Mittelfeld. In Deutschland liegt der Anteil hingegen erst bei 4%. Ein Grund für den zögerlichen Ausbau sind die enormen Investitionsvolumen. So könnte die Umrüstung auf ETCS allein in Deutschland bis zu 13 Milliarden Euro kosten – davon 8 Milliarden für die Umrüstung der Züge. Übertragen auf andere europäische Länder wie Österreich könnten ähnliche Kosten das wirtschaftliche Aus für viele kleinere Bahnunternehmen bedeuten, sofern sie keine staatlichen Finanzhilfen erhalten. 

„Die Modernisierung des europaweiten Bahnverkehrs ist eine der herausforderndsten Aufgaben der kommenden Jahrzehnte. Im Gegensatz zu anderen Verkehrsmitteln werden auf der Schiene noch nicht ausreichend internationale Standards umgesetzt und Technologien können sich an Landesgrenzen teilweise innerhalb weniger Meter ändern“, erläutert Bernd Jung, Partner bei Strategy& Deutschland und Leiter des Bereichs Transport und Logistik in Europa. „Die Einführung eines grenzüberschreitenden digitalen Signalsystems wie ETCS ist deswegen die Grundvoraussetzung für die Digitalisierung des Bahnverkehrs, gleichzeitig aber auch einer der kompliziertesten Angelegenheiten eines solchen Projekts, weil vielzählige Stakeholder mit oft entgegengesetzten Interessen beteiligt sind. Umso entscheidender ist es, die Interessen zu bündeln und Anreize für alle Stakeholder zu schaffen.“

Schneller, effizienter, sicherer

Die Einführung von ETCS und darauf aufbauenden Technologien würde den europäischen Bahnverkehr laut Studie vor allem langfristig schneller, effizienter und sicherer machen. So wären unter bestimmten Rahmenbedingungen durch die Kombination von ETCS und ATO Kapazitäts- und Effizienzsteigerungen von 10 bis 20% möglich, da Züge in dichteren Abständen fahren und Zeitpläne optimiert werden könnten. Gleichzeitig stiege das Sicherheitslevel durch die Modernisierung und Digitalisierung der Zugsteuerung deutlich an. 

„Um den Transport- und Logistiksektor in Europa zu dekarbonisieren und mehr Menschen dazu zu bewegen, von Autos und Flugzeugen auf die Bahn umzusteigen, ist die Modernisierung des Schienennetzes unerlässlich“, sagt Dr. Daniel Haag, Director bei Strategy& Deutschland. „Für dieses Ziel müssen die Beteiligten langfristig denken, länderspezifische Ziele definieren und anschließend klare und individuelle Roadmaps entwerfen, aus denen hervorgeht, wie jedes Land seine Ziele erreichen kann. Weil die Interessen der unterschiedlichen Stakeholder teils divergieren, kann das von Land zu Land variieren. Für alle Länder gilt allerdings, dass der Staat die Rahmenbedingungen so einfach wie möglich gestalten sollte, es einen Lastenausgleich zwischen Netzbetreibern und Bahnunternehmen geben muss und europäische Kooperationen vorangetrieben werden sollten. Nur wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, können wir jetzt die Weichen für einen modernen, effizienten und nachhaltigen Bahnverkehr in Europa stellen und den Modernisierungsstau überwinden.“

Die vollständigen Ergebnisse der Studie „Back on track: Solving the digitization challenge for Europe’s rail sector” erhalten Sie auf Anfrage oder unter: https://www.strategyand.pwc.com/de/en/industries/transport/railway-digitization.html

Methodik

Für diese Studie wurden 40 Expert:inneninterviews mit europäischen Infrastrukturanbietern, Bahnbetreibern, Industrievertreter:innen sowie Mitgliedern aus EU-Gremien geführt. Basierend auf der qualitativen Auswertung der Interviews wurden Hypothesen abgeleitet, die anschließend durch ausgewählte Deep Dives und Analysen evaluiert und gestützt wurden. Die Studie wurden zwischen Mai und Juni 2022 erstellt. 

Über Strategy&

Strategy& ist die globale Strategieberatung von PwC. Wir entwickeln individuelle Geschäftsstrategien für weltweit führende Unternehmen, basierend auf differenzierenden Wettbewerbsfähigkeiten. Wir sind die einzige Strategieberatung als Teil eines globalen Professional Services Netzwerks. Unsere Expertise kombinieren wir mit Technologie und erarbeiten daraus eine passende Strategie, die effizient umsetzbar ist. „Strategy, made real“ heißt für uns, den digitalen Wandel voranzutreiben, die Zukunft mitzugestalten und Visionen Wirklichkeit werden zu lassen. 3.000 Strategieberater:innen und mehr als 327.000 PwC-Mitarbeiter:innen in 155 Ländern tragen hierzu mit hochwertigen, branchenspezifischen Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Unternehmensberatung bei. Weitere Informationen unter www.strategyand.pwc.com/at.

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