Mikrobiom als neuer Faktor in der Kinderwunschbehandlung Seit kurzem ist der Einfluss des Mikrobioms in der Gebärmutter auf die Fruchtbarkeit der Frau bekannt. Erstmals besteht nun in Österreich die Möglichkeit dieses genetisch zu testen und mitzutherapieren. Wien, am 11. Oktober 2018 – Erkenntnisse rund um das menschliche Mikrobiom zählen zu den jüngeren medizinischen Durchbrüchen, vor allem jenes im Darm wird zunehmend breit diskutiert. Bekannt ist das Mikrobiom der Scheide, neu ist jedoch die Erkenntnis, dass auch die Gebärmutter wichtige Bakterien enthält – mit großem Einfluss auf die Fruchtbarkeit der Frau. „Wir wissen zwar seit einiger Zeit um die Bedeutung der Keime für die Einnistung der Eizelle im Uterus. Aber geeignete Tests gab es keine“, berichtet Univ. Prof. Dr. Andreas Obruca, Gründer und Leiter des Kinderwunschzentrums Goldenes Kreuz. „Nun ist es uns gelungen, Partner zu gewinnen, mit denen wir erstmals in Österreich das Mikrobiom in der Gebärmutterschleimhaut testen und entsprechend therapieren können.“ Keime mit massivem Einfluss auf Schwangerschaftsrate In der jüngeren Vergangenheit haben sich zahlreiche Studien mit Funktion und Auswirkung der Mikroorganismen im menschlichen Körper befasst. Ein Team um Carlos Simon von Igenomix im spanischen Valencia hat das Mikrobiom des Uterus erstmals systematisch untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass das Mikrobiom bei den meisten untersuchten Frauen zu über 90 Prozent aus Laktobazillen bestand. Das Auftreten anderer Keime oder ein relativer Mangel an Laktobazillen können die Fruchtbarkeit deutlich reduzieren. Bei einem LD-Mikrobiom im Uterus, sprich reichlich Laktobazillen, gelang die Einnistung des Embryos zu 60,7 Prozent, bei einem NON-LD nur zu 23,1 Prozent. Die Schwangerschaftsrate verringerte sich bei einem Mangel an Laktobazillen von 70,6 Prozent auf 33,3 Prozent und der Anteil von Lebendgeburten ging von 58,8 auf 6,7 Prozent zurück. Auch die Initiative des US-amerikanischen NIH „Human Microbiome Project“, mit dem Ziel der Identifizierung und Charakterisierung des menschlichen Mikrobioms, bestätigt den Einfluss des Mikrobioms auf die weibliche Fertilität. Neue Behandlungsmöglichkeiten in der Fertilitätsmedizin Nun ist der von Carlos Simon mitentwickelte EMMA-Test (Endometrial Microbiome Metagenomic Analysis) in Österreich verfügbar. Das Kinderwunschzentrum Goldenes Kreuz hat dieses Angebot erstmals nach Österreich geholt: „Vor der künstlichen Befruchtung können wir nun das Mikrobiom untersuchen – dies ist gerade bei Frauen mit wiederholten Einnistungsproblem eine neue Chance“, erklärt Obruca. Die Tests helfen chronische Entzündungen in der Gebärmutter oder eine unvorteilhafte Zusammensetzung des Mikrobioms festzustellen. Dazu wird eine kleine Gewebsprobe aus der Gebärmutterschleimaut entnommen und mittels genetischer Testung die Zusammensetzung und Art der Bakterien bestimmt. „Je nach Ergebnis legen wir eine individuelle Therapie, zum Beispiel mit Laktobazillen oder Antibiotika fest“, so der Fertilitätsmediziner. Darüber hinaus ermöglicht ein neuer Test der Firma DNA – Technology – Androflor -die Bestimmung des Mikrobioms in der Samenflüssigkeit des Mannes. Dies eröffnet die Option eine Therapie zur Verbesserung der Samenqualität einzuleiten sowie eine neuerliche Infektion der Partnerin zu vermeiden.